"Ankunft beim Mars" ("Galaxis in Flammen" - Teil 5)
(von Andrea-Janina Grieskamp)
Captain Gideon saß auf seinem Stuhl und sah endlose Sekunden in den
Hyperraum. Er fühlte sich ausgebrannter denn je. Hoffentlich würden
sie nicht wiederkommen oder den nächsten Angriffstrupp schicken. Gideon
überließ seinem ersten Offizier die Brücke und begab sich
ohne ein Wort in sein Quartier.
Er hatte nicht einmal mehr die Kraft sich auszuziehen und noch bevor
sein Kopf das Kissen berührte war er eingeschlafen. Es war anfangs ein
tiefer traumloser Schlaf, doch dann kamen die Bilder zurück.
Die Phoenix stand zum Teil in dauerhaftem Beschuß. Die
Außenhülle zeigte starke Schäden. Dann sah er wie die Minen
abgelassen wurden und in der folgenden Plasma-Wolke verschwanden. Danach
explodierte ein Teil des Centauri-Schiffes und alles war ruhig. War da nicht
ein Stimme?
Gideon schreckte hoch. Er hatte oft Alpträume, die ihn nächtelang
nicht schlafen ließen. In seinem Kopf hämmerte es und sein
Körper schmerzte an allen Ecken. So heftig hatte er den Sturz gar nicht
in Erinnerung, aber wahrscheinlich forderte der wenige Schlaf nun seinen
Tribut. Er ließ sich wieder aufs Bett sinken.
"Matthew, ich bin froh daß es Ihnen gut geht." "Wer ist da?" fragte er
und setzte sich wieder hin. "Erinnern Sie sich an mich? Man nennt mich Galen."
"Sie haben mir vor Jahren das Leben gerettet. Was tun Sie hier? Wie
sind sie hierher gekommen?" Matthew Gideons Gedanken überschlugen sich.
Galen trat aus dem Schatten des Zimmers und setzte sich zu ihm. "Ich konnte
es nicht verhindern. Ich habe versucht, sie zu warnen, aber sie haben mir nicht
zugehört. Erst als ich Präsident Sheridan mit den möglichen
Folgen konfrontierte, wurde ich erhört, aber es war zu spät!"
Galens Stimme klang verzweifelt und Gideon sah ihn fragend an: "Was meinen sie?"
"Ich konnte die Zerstörung der Erde nicht verhindern. Verstehen sie, wir
haben schon lange davon gewußt, aber es gab keinen konkreten Hinweis in
wessen Hand der Planetenzerstörer war, noch wann und gegen wen er
eingesetzt werden würde. Hätten wir genauer nachgeforscht, wären
wir den Plänen der Drakh auf die Schliche gekommen. Verstehen Sie Matthew,
ICH BIN SCHULD !"
Gideons Gesicht zeigte eine tiefe Furche auf der Stirn. Er war wie gelähmt.
"Aber wie hätten sie es verhindern wollen? Es gab ja nicht einmal für
die Truppen der Erdregierung die Möglichkeit sie aufzuhalten. Sie kennen
die Pläne der Drakh! Sie wissen, daß Minbar das nächste Ziel
ist!" "Ja." "Sie können ihren Fehler nicht mehr rückgängig machen,
auch nicht mit Ihren Zaubertricks, aber sie können den nächsten Schlag
verhindern." "Was meinen sie, Matthew?" "Sie kennen die Waffen und Schiffe der
Drakh, sie können als einziger unbemerkt in ihre Nähe kommen und
ihre Schwächen auskundschaften. Ein Technomagierschiff ist meinen Wissens
nach noch nie entdeckt worden, außer man hat es so gewollt."
"Das ist richtig!" "Dann machen sie sich auf den Weg, bevor es zu spät
ist!" "Gut, aber vorher werde ich für sie ein Sprungtor öffnen,
damit sie den Hyperraum verlassen können und schneller beim Mars sind."
"Das wäre gut." meinte Gideon und begab sich wieder auf die Brücke.
"Sie können sich unmöglich genügend ausgeruht haben."
kritisierte Matheson seinen Vorgesetzten. "Wie weit sind die Reparaturen am
Antrieb?" fragte Gideon, ohne auf diese Anspielung einzugehen. "Der Antrieb
funktionieren wieder, aber wir haben nicht genügend Energie, um das
Mars-Sprungtor zu aktivieren und es lange genug offen zu halten." "Wir werden
es trotzdem versuchen!" "Sir?" "Haben Sie mich nicht gehört?" fragte
Gideon leicht gereizt und es tat ihm im nächsten Moment auch schon leid,
sich im Ton vergriffen zu haben. Der technische Offizier meldete den Moment
des Öffnens und ohne auch nur einmal unnötig aufzuflackern
öffnete sich ein Sprungtor. "Volle Geschwindigkeit. Ich meine, so
schnell es geht." sagte Gideon mit einem leichten Lächeln.
Als sie den Normalraum erreicht hatten, starrten ihn mehrere Augenpaare an
und Lt. Matheson sagte, was alle dachten: "Wie haben sie das gemacht?"
"Das ist eine lange Geschichte. Ein anderes Mal vielleicht." war Gideons
kurze Antwort. Von hier aus würden sie nur noch wenige Stunden bis zum
Mars brauchen und die Centauri konnten sie nicht mehr verfolgen.
Die Phoenix sah erschreckend aus. Auf einigen Decks war die Außenhülle
so stark beschädigt, daß die Energieversorgung und die
lebenserhaltenden Maßnahmen abgeschaltet werden mußten. Zum
Glück gab es bis auf ein paar Knochenbrüche und Prellungen keine
ernsthaft Verletzten. Das medizinische Personal konnte ja noch nicht wissen,
wie dringend sie auf den Mars erwartet wurden.
Die Phoenix hatte das Sprungtor kaum verlassen, als sie auch schon von der
Anopheles gerufen wurde. "Auf den Schirm!" befahl Gideon. "Ich grüße
sie Captain Gideon. Wir sind froh, daß Sie es hierher geschafft haben."
"Wir wurden schwer getroffen und konnten den Centauri nur mit größter
Mühe entkommen. Unsere Kommunikation war ausgefallen und der Antrieb
ist schwer beschädigt. Nur mit viel Glück konnten wir ein Sprungtor
öffnen." "Sir, ich würde vorschlagen, wir besprechen alles im
Konferenzraum der Anopheles." "Geben sie mir eine Stunde. Meine Offiziere und
ich müssen uns erst salonfähig machen." Der vorläufige Kommandant
der Anopheles antwortete mit einem Nicken und schloß den Kanal.
"Lt. Matheson, sie begleiten mich." Sie machten sich beide so gut es ging
zurecht. Sie waren beide erschöpft, unrasiert und müde, aber
dennoch gespannt, was sie noch erfahren würden. Sie hatten den Mars
gesehen. Schwarz und unnatürlich.
Das Shuttle brachte sie zur Anopheles und ein Ranger geleitete sie zum
Konferenzraum. "Nochmals herzlich Willkommen!" begrüßte sie
Lieutenant Fields, der dritte Offizier der Anopheles, mit einem festen
Händedruck. "Wie sie sicher gesehen haben, hat sich auf dem Mars eine
wahre Naturkatstrophe ereignet. Es gab sehr hohe Verluste und es war uns
bisher nicht möglich, zu allen Verschütteten vorzudringen.
Außerdem haben wir nicht genügend medizinisches Personal. Ich
hoffe, sie haben ein paar Ärzte an Bord." "Haben wir. Die meisten sind
zwar als Wissenschaftler an Bord, aber ich denke, sie werden erfreut sein in
ihrem eigentlichen Beruf dienen und helfen zu können. Wie können
wir sonst noch helfen?" Captain Gideon sah schon wieder sehr nachdenklich
aus und Lt. Matheson beobachtete seinen Freund und Vorgesetzten genau. Er
wußte was in ihm vorging. Er würde wieder allen helfen wollen und
zuletzt an sich denken. "Wir bräuchten auf jeden Fall noch weitere Teams,
die nach möglichen Verschütteten suchen. Es gibt die Hoffnung, noch
einige lebend zu finden. Außerden würde ich es begrüßen,
wenn Sie einigen Marsbewohnern auf der Phoenix Quartier geben könnten.
Die Anopheles ist ein Schiff der Zerstörerklasse und einfach zu klein
dafür. Es kann jederzeit wieder zu einem Angriff kommen und mit
Zivilisten an Bord möchte ich nur ungern kämpfen." Gideon konnte
sich ein Lächeln nicht verkneifen. Er wäre selbst gern der
Kommandant eines Zerstörers. Die Jahre auf der Phoenix waren zwar
interessant und bestimmt auch manchmal gefährlich, aber ein Zerstörer
ist ein Kampfschiff. Das was er immer wollte. "Ich kann Sie verstehen Lieutenant
Fields. Allerdings müssen wir die Phoenix erst wieder bewohnbar machen und
reparieren. Einen weiteren Angriff würden wir nicht überstehen."
"Ich denke das wird nicht das Problem sein, wir haben genügend gute
Techniker und einiges Material." Lt. Matheson meldete sich zu Wort. "Sir, sie
sollten unserer Crew eine kleine Auszeit gönnen. Der Angriff der Centauri
hat alle ziemlich mitgenommen und in diesem Zustand nützen sie ihnen
wenig." Gideon überlegte kurz. "Ich denke, fünf Stunden sollten
reichen. Es ist zwar kostbare Zeit für die Verschütteten, aber wir
können nicht riskieren, unsere Männer durch Übermüdung zu
verlieren." Captain Gideon verlangte von seiner Besatzung nichts, was er nicht
auch tun würde, also mußten sie auch bereit sein, nach einer kurzen
Verschnaufpause wieder einsatzbereit zu sein.
Nach ein paar weiteren Erklärungen verabschiedeten sie sich und begaben
sich wieder auf die Phoenix. Und nach einer sehr kurzen Dienstbesprechung
schickte Captain Gideon den Großteil der Crew in die Quartiere.
Fortsetzung: "Kein Weg zurück"
Andrea-Janina Grieskamp
12.07.2000
www.andrea-janina-grieskamp.de
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