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Rhiannons Geschichte:
35. Kapitel

(von Jennifer Fausek)

Es war stockdunkel, als sich Rhiannon von einem Angestellten der Anla'shok mit einem Atmosphärengleiter nach Yedor bringen ließ. Der Minbari setzte sie mitsamt dem bisschen Gepäck, das sie hatte in der Nähe von Delenns Haus ab und flog dann auf ihren Befehl hin zum Lager der Anla'shok zurück.
Um diese Zeit schliefen die meisten Leute noch, aber bald würde die Stadt wieder zu vollem Leben erwachen, bis Sonnenaufgang war es nur noch eine knappe Stunde.
Ria betrat das Haus mucksmäuschen still. Ein Glück, dass Minbari es nicht für nötig hielten, die Türen in der Nacht abzuschließen! Natürlich gab es Schlösser, aber kaum jemand benutzte sie.
Die Haushaltshilfen waren noch nicht da, sie würden frühestens in etwa einer halbe Stunde kommen, um erst einmal das Frühstück vorzubereiten und den Tisch zu decken.
Rhiannon machte sich nicht die Mühe, das Licht einzuschalten, es war ohnehin nicht nötig, denn sie kannte das Haus in- und auswendig. Außerdem hätte das Licht sie nur verraten, und sie wollte im Moment noch nicht gesehen werden.
Um ihre Anwesenheit nicht preiszugeben, nahm Ria ihren Rucksack mit, als sie ohne ein Geräusch zu verursachen nach oben ging. Sie lud ihr Gepäck in ihren früheren Zimmern ab. Sie wollte erst einmal sehen, ob überhaupt jemand zu Hause war.
Sie zog ihre kleine Kristalltaschenlampe - die meisten Anla'shok hatten so eine - aus der Tasche ihrer Uniformweste, wo sie auch ihr Denn'bok verstaut hatte. Zu allererst wollte sie nach Zora sehen.
Rhiannon schlich sich in das hübsch eingerichtete Kinderzimmer und stellte die Taschenlampe auf 'schwach leuchten' ein. Ria lächelte erleichtert, als sie sah, dass Zora friedlich in ihrem Gitterbett schlief und es ihr offenbar sehr gut ging. Am liebsten hätte Rhiannon ihre Tochter sofort aus dem Bettchen genommen und sie fest an sich gedrückt, aber sie ließ es bleiben, denn sie wollte das Kind nicht erschrecken.
Ria verließ das Kinderzimmer leise wieder. Sie würde Zora - hoffentlich - dann beim Frühstück richtig begrüßen können.
Nun musste sich Rhiannon erst einmal auf dringendere Dinge konzentrieren. Wenn Zora da war musste Delenn doch eigentlich auch zu Hause sein.
Ria zögerte lange vor Delenns Zimmer bevor sie sich endlich dazu überwand, die Tür zu öffnen und hinein zu gehen. Schnell huschte Rhiannon durch den Wohnraum zum Schlafzimmer. Ganz behutsam öffnete sie die Tür und ging hinein, ließ die Tür aber nur angelehnt.
Ria näherte sich vorsichtig dem Bett und leuchtete mit der schwachen Taschenlampe auf das Kopfende, direkt auf Delenns Gesicht. Sie erwachte davon glücklicherweise aber nicht, und der tiefe Schlaf hatte die Sorgenfalten auf ihrer Stirn nicht glätten können.
Für ein paar Momente spielte Rhiannon mit dem Gedanken, Delenn aufzuwecken, ließ es dann aber sein. In einer halben Stunde würde sie sowieso aufstehen.
Ria schlich sich zurück in den Wohnraum und schloss die Schlafzimmertüre ganz leise hinter sich.
Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt, als die Haushaltshilfen das Haus betraten und in die Küche gingen. Bald darauf hörte Rhiannon, wie Delenn aufstand und ins Badezimmer ging.
Kaum zehn Minuten später öffnete sich die Tür zum Wohnraum. Delenn kam herein und schaltete das Licht ein. Dann ging sie zum Fenster und öffnete es.
Ria trat hinter sie. "Guten Morgen, Delenn."
Delenn drehte sich mit einem Ruck zu ihr herum. "Ria!" Delenn lief sofort zu ihr hin, umarmte sie glücklich und strich ihr übers Haar.
"Wie geht es dir?" fragte Delenn, während sie ihre Pflegetochter wieder los ließ und den Hartverband an Rias linker Hand bemerkte. "Und woher hast du diese Verletzung?"
Rhiannon ging befangen ein paar Schritte beiseite. "Es ist im Training passiert. Ich bin jetzt eine Anla'shok."
"Ich weiß", entgegnete Delenn. "Du hasst mich jetzt bestimmt."
Ria blieb für einen Moment die Luft weg, und sie drehte sich zu ihrer Pflegemutter um. "Ich bin wütend auf dich, aber ich könnte dich niemals hassen, dazu habe ich dich viel zu gern."
"Kannst du mir verzeihen?"
Rhiannon lächelte. "Erinnerst du dich noch daran, was du mir über den 'Weg des Herzens' gesagt hast?"
"Ja, sicher", sagte Delenn, wusste aber nicht genau, worauf Ria hinauswollte.
"Ich habe meine Wahl getroffen. Ich wäre auf jeden Fall zu den Anla'shok gegangen. Sie sind der Weg meines Herzens, dem ich folgen muss, egal was auch geschehen mag."
Delenn war erleichtert. "Wenn das so ist, freue ich mich natürlich für dich."
"Aber ich verstehe nicht, warum du mir nicht alles schon erzählt hast, sobald mein erstes Jahr als Akolythin vorbei war", sagte Rhiannon. "Ich hätte es damals schon verstehen können."
Delenn seufzte. "Ich wollte nicht, dass du in zu jungen Jahren mit zu schweren Aufgaben belastet wirst, so, wie es mir gegangen ist. Ich war nicht einmal achtzehn Jahre alt, als ich vom Grauen Rat ausgebildet wurde, und ich hätte noch Zeit gebraucht, um Weisheit zu erlangen und mich auf meine zukünftige Aufgabe einzustellen. Ich bin dann viel zu jung und zu plötzlich Satai geworden. Ich habe mir geschworen, dass ich dir die Zeit geben würde, alles auszuprobieren, und dass du ganz allein entscheiden kannst, welchem Weg du am Ende folgen willst."
Rhiannon lächelte, kam zu Delenn und umarmte sie. "Und dafür bin ich dir sehr dankbar." Ria löste sich wieder von ihrer Pflegemutter. "Ich weiß jetzt, du hast es nur gut gemeint. Ich würde mich sehr freuen wenn du zur Vereidigung am Ende der Ausbildung kommst und mir deinen Segen gibst."
"Ich komme sehr gerne", entgegnete Delenn. "Und meinen Segen hast du auch." Sie wirkte besorgt. "Aber ich fürchte, du wirst dich morgen vor dem Clan für dein eigenmächtiges Handeln verantworten müssen. Vorallem Callenn war sehr erzürnt, weil du gegangen bist, ohne dem Clan Bescheid zu sagen." Sie lächelte beruhigend. "Aber ich bin sicher, wenn du deine Gründe darlegst, werden sie es bestimmt verstehen und dich gehen lassen."
"Das hoffe ich auch."
Nun wechselte Delenn das Thema. "Hast du eigentlich schon nach Zora gesehen?"
"Nur ganz kurz", antwortete Rhiannon. "Sie schläft noch." Sie zuckte die Achseln. "Und jetzt würde ich mich gerne etwas frisch machen. Das heißt, wenn ich hier immer noch zu Hause bin."
Delenn nickte lächelnd. "Natürlich. Dein Zimmer ist noch genau so, wie du es verlassen hast."

Rhiannon und Delenn hatten sich gerade zum Frühstück hingesetzt, als Zora endlich erwachte. Inesval ging, um sie zu holen.
Als er dann mit der Kleinen das Esszimmer betrat stellte er sie - sehr zu Rias Erstaunen - auf ihre eigenen Beine. Zora erkannte ihre Mutter sofort, gluckste glücklich und kam mit unsicheren, tapsigen Schritten auf sie zugelaufen.
Ria riss in freudigem Erstaunen die Augen auf. "Schätzchen, du kannst ja tatsächlich schon laufen!" Sie fing ihre Tochter lächelnd auf und küsste sie.
"Zorann hat vor einer Woche ihre ersten Schritte ganz alleine gemacht", sagte Inesval und erwiderte das Lächeln freundlich.
Auf Rhiannons Gesicht fiel kurz ein Schatten. Sie hätte die allerersten Schritte ihres Kindes, wie wohl alle Eltern, sehr gerne selbst gesehen.
Am späteren Vormittag ging Ria mit ihrer kleinen Tochter im Kinderwagen erst einmal lange auf dem Markt und in den Parks spazieren.
In Yedor hatte der Frühling Einzug gehalten. Überall, in den Beeten und Parks blühten die Blumen in allen möglichen Farben und verbreiteten einen angenehmen Duft in der Hauptstadt von Minbar. Temshwee zwitscherten laut. Sie begannen jetzt in den hohen Torbögen der Tempel und in den Bäumen zu nisten.
Kaum zu glauben, dass es noch vor ein paar Wochen Winter gewesen war. Ungewöhnlich lange hatte er sich gehalten, aber dafür war der Frühling nun mit voller Macht gekommen.
Fast zwei Monate lang war Rhiannon nicht mehr in Yedor gewesen. Nach dem kargen Leben bei den Anla'shok und der einfachen, ruhigen Atmosphäre von Tuzanor kam ihr Yedor jetzt hektisch, laut und chaotisch vor. Die Betriebsamkeit und die ständige Aktivität, die sie früher an der Metropole so sehr gemocht hatte, gingen ihr im ersten Moment auf die Nerven.
Einige Minbari, die durch die Straßen liefen, warfen Ria verwunderte, neugierige oder verächtliche Blicke zu. Die meisten erwachsenen Minbari wussten von den Anla'shok - und brachten ihnen nicht gerade viel Respekt entgegen. Es war sehr ungewöhnlich, dass sich überhaupt eine Anla'shok in Yedor aufhielt, und es erregte natürlich noch viel mehr Aufmerksamkeit, dass diese Anla'shok nicht etwa eine Minbari, sondern eine Außenweltlerin, dazu noch ein Mensch war, und außerdem auch noch ein kleines menschliches Kind dabei hatte.
Schon bald hatte Ria genug von dem Spaziergang, und sie beschloss spontan, Nistel besuchen zu gehen, den sie schon länger nicht mehr gesehen hatte. Er freute sich sehr über den unerwarteten Besuch.
"Ich habe schon gehört, dass du den Anla'shok beigetreten bist", sagte Nistel, als sie bei Tee und Fruchtsaft für Zora in seinem kleinen Haus zusammen saßen. "Ich konnte es zuerst nicht glauben, aber wie ich sehe, ist es wirklich wahr."
Rhiannon nickte und sah mit einem schiefen Lächeln an ihrer fast ganz schwarzen Uniform hinab. "So ist es. Es klingt so, als würdest du die Anla'shok gut kennen."
"O ja", entgegnete Nistel. "Meine Eltern waren beide Anla'shok. Ich bin deshalb von meinem Clan aufgezogen worden, als sie gingen. Meine Eltern hofften, dass ich in ihre Fußstapfen treten würde, aber ich war nicht dafür bestimmt."
Ria runzelte die Stirn. "Du hast mir damals das Denn'bok deines Vaters vererbt. Aber was ist aus dem Denn'bok deiner Mutter geworden?"
"Es ist im Kampf verloren gegangen, vor etwa vierzig Jahren", antwortete Nistel ein wenig traurig. "Meine Mutter hatte damals einen Überwachungsauftrag im Gebiet der Dilgar. Wir hatten zu der Zeit einige... Meinungsverschiedenheiten mit ihnen. Es gab ein Gefecht, in dem meine Mutter umkam."
"Das tut mir leid."
"Muss es nicht. Es ist lange her."
"Mein Volk hat einmal Krieg gegen die Dilgar geführt. Das war etwa zehn Jahre vor meiner Geburt. Der ältere Bruder meiner Mutter ist dabei umgekommen."
Sie brach ab, als sie sich an den Geschichtsunterricht in der Schule erinnerte. Die Dilgar waren ein höher entwickeltes Volk als die Menschen gewesen, noch dazu das erste, gegen das die Erde in hundert Jahren interstellarer Raumfahrt jemals Krieg geführt - und wider aller Erwartungen gewonnen hatte. Von den Dilgar war nicht mehr viel übrig.
Danach hatten sich die Menschen für unbesiegbar gehalten. Ein schrecklicher Irrtum, wie sich herausstellte, als es zum Krieg gegen die Minbari kam.
"Wie auch immer", fuhr Nistel fort. "Mein Vater ist einige Jahre nach meiner Mutter im Dienst für die Anla'shok ums Leben gekommen, wie viele Mitglieder meiner Familie vor ihnen. Ich bitte sich also, sei vorsichtig, damit dir nichts passiert."
"Du weißt, es liegt nicht in meiner Hand", entgegnete Rhiannon lächelnd, wurde dann wieder ernst und blickte auf ihre Tochter, die gerade dabei war, das kleine Wohnzimmer zu erkunden. "Ich wünsche mir nur eins, nämlich dass Zora ein langes und glückliches Leben führt und dann in Frieden und ohne Furcht sterben kann."
Zora hatte ihren Namen verstanden und sah zu den beiden Erwachsenen, die sie daraufhin anlächelten. Da die 'Großen' aber offenbar nichts mehr zu sagen hatten, spielte das Kind weiter.
"Ich verstehe dich sehr gut." Nistel sah zu Zora. "Sie ist ein richtiger Schatz."
"Ja, das ist sie."

"Du hast wirklich beschämend gehandelt!" Callenn machte erst gar nicht den Versuch, seine Wut im Zaum zu halten. "Einfach so weglaufen... Das tun nur Feiglinge! Ich hoffe, du kannst uns dein unmögliches Verhalten erklären."
Rhiannon war vollkommen gelassen. Sie wusste, das Urteil war längst beschlossen, sie war eigentlich nur vor den gesamten Clan (oder fast den gesamten, die Kinder sollten das nicht hören, sie waren in der Obhut von Bediensteten) gerufen worden, um die Entscheidung zu hören.
"Ich konnte nicht anders handeln", sagte Ria mit fester, gleichmäßiger Stimme. "Ich musste dem Weg meines Herzens folgen. Delenn hätte es verhindert, wenn ich nicht heimlich gegangen wäre, sondern mich dem Clan offenbart hätte, weil sie mich vor dem schützen wollte, was die Zukunft mir bringt. Sie hätte euch gesagt, ich wolle aus falsch verstandenem Pflichtgefühl zu den Anla'shok, und ihr hättet mich nicht gehen lassen."
Callenn sah zu Delenn. "Ist das wahr?" fragte er, obwohl er die Antwort längst kannte.
Sie nickte. "Ja, es stimmt."
"Und? Hätte sie damit Recht?" Callenn blickte zu Rhiannon. "Hast du es aus Pflichtbewusstsein getan?"
"Im ersten Moment, ja", erwiderte sie ehrlich. "Jetzt aber nicht mehr. Inzwischen weiß ich, dass es wirklich der Weg meines Herzens ist. Deshalb spielt es auch keine Rolle, wie das Urteil lautet. Ich werde auf jeden Fall zu den Anla'shok zurückkehren."
"Ach tatsächlich?" Callenn ging lauernd um sie herum. "Du bist bereit, alles für die Anla'shok aufzugeben, auch dein Kind nie wieder zu sehen?"
"Wenn es sein muss..." Es fiel Rhiannon sichtlich schwer, das zu sagen.
Callenn schwieg eine Weile. "Du hast Glück, dass die meisten hier in dem Fall nicht meiner Meinung waren", sagte er dann und sah dabei kurz zu Delenn. "Wenn es nach mir gegangen wäre, hättest du die Anla'shok auf der Stelle verlassen und dich für ein halbes Jahr in die Einsamkeit zurückziehen müssen. Da es diesmal aber nicht nach meinem Willen geht, kannst du ohne Einschränkungen zu den Anla'shok zurückgehen."
Er durchbohrte sie mit seinen Blicken und sagte so leise, dass nur sie es hören konnte. "Mach so etwas nie wieder. Das nächste Mal werde ich dich zur Verantwortung ziehen."
"Ich danke dir." Ria lächelte grimmig und verneigte sich tief.
"Auf dass wir uns wiedersehen, zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort, in einem anderen Leben", sagte sie die traditionellen Worte zum Abschied. In ihren Mundwinkeln zuckte es spöttisch. "Und wir werden uns bestimmt wiedersehen."
Hinterher wurde ihr bewusst, wie dumm die Provokation gewesen war. Aber sie war einfach froh, dass alles so glimpflich ausgegangen war.
Der kurze Urlaub verging für Rhiannon viel zu schnell. Sie hatte kaum Zeit um alles zu erledigen, was sie in ihrer Freizeit hatte tun wollen.
Sie ging einige Freunde besuchen, die in Yedor wohnten, und sie spielte oft mit ihrer kleinen Tochter, ging mit ihr auf den Markt oder sonst spazieren.
Und natürlich ging sie oft in den Ersten Tempel von Yedor wo sie - wie es ihr vorkam - vor langer Zeit unterrichtet worden war, um dort Karten und auch sämtliche Texte über die Schatten zu studieren. Jetzt, als Anla'shok, auch wenn sie noch nicht voll ausgebildet war, durfte Ria sogar in das bewachte Archiv betreten.
Rhiannon stellte fest, dass sie mit ihrer Vermutung Recht gehabt hatte. Kolonien wie Arisia, Aldera und fünf oder sechs weitere Welten, lagen zum Teil kaum vierundzwanzig Stunden von den Gebieten der Centauri, der Drazi und der Narn entfernt - und nur achtundvierzig Stunden von Z'ha'dum. Von Minbar aus würde sie gut vier oder fünf Tage brauchen, um diese Gebiete zu erreichen.
Es gab nur ein Problem: Sie hatte keinen Raumgleiter. Ria hatte zwar schon ein paar Mal an kurzen Manövern teilgenommen, aber sie hatten immer mit Fliegern der Kriegerkaste trainieren müssen, da die Anla'shok keine eigene Schiffe mehr hatten.
Und die Kriegerkaste gab keines ihrer Schiffe aus der Hand, schon gar keine Kriegs- oder Scoutschiffe und erst recht gaben sie sie nicht an die Anla'shok.
Allerhöchstens hätte sie eine Chance, an einen Ein-Personenkampfflieger zu kommen, und das nützte Rhiannon nicht sehr viel.
Die kleinen minbarischen Kampfflieger waren nämlich nicht für Langstreckenflüge konzipiert worden. Sie waren dazu gebaut worden, kurze, effektive Schläge beim Feind durchzuführen und dann - falls sie nicht abgeschossen wurden - schnell zum Mutterschiff oder ihrer nahe gelegenen Basis zurückzukehren. Sie konnte deshalb auch nur einen maximalen Luftvorrat von sechsunddreißig Stunden in den Tanks mitnehmen.
Für ihre Zwecke brauchte Rhiannon aber ein Scoutschiff, das Luft für mindestens zwei Wochen mitnehmen konnte, außerdem ein kleines Hygieneabteil hatte und für den Fall der Fälle mehreren Personen Platz bieten konnte.
Dummerweise würde ein solches Schiff, wie es aussah, in der nächsten Zeit noch ein Wunschtraum bleiben. Sicher, Ria hätte Delenn um ihr persönliches Schiff bitten können. Nur war dieser kleine Raumkreuzer gänzlich ungeeignet. Er war zwar schnell für ein Schiff dieser Art, hatte aber keinen eigenen Sprungantrieb und nur sehr begrenzt einsatzfähige Offensivwaffen.
Bevor Rhiannon wieder nach Tuzanor zurückflog, stand noch ein wichtiges Ereignis an: Zoras erster Geburtstag. Ria fand es wirklich unglaublich, dass ihre kleine Tochter nun schon ein ganzes Jahr alt sein sollte.
Die letzten Monate waren so schnell vergangen, dass Ria sich manchmal ernsthaft fragte, wo die Zeit geblieben war. Es war so viel passiert, dass sie einfach nicht dazu gekommen war, in Ruhe über alles nachzudenken.
Zoras Geburtstag fand in den letzten Tagen, bevor Rhiannon wieder nach Tuzanor zurück musste, statt. Ria organisierte ein Fest, zu dem fast alle Mitglieder ihres Clans und auch einige Freunde und Bekannte kamen. Eigentlich wurden Geburtstage auf Minbar nicht gefeiert, was aber niemanden davon abhielt, auf dem Fest Spaß zu haben, kleine Geschenke für Zora zu bringen und den neuesten Klatsch auszutauschen.
Allerdings musste Rhiannon feststellen, dass Callenn immer noch nicht versöhnt war und sie am liebsten - wenn er die Unterstützung der Mehrheit des Clans gehabt hätte - in den Tempel oder in die Einsamkeit geschickt hätte. Aber notgedrungen akzeptierte er ihre Wahl.
Ria war heilfroh, dass sie die Dinge, die sie in den letzten Wochen so sehr belastet hatten, hatte klären können. So konnte sie befreit zum Training zurückkehren.
Rhiannon fand es wirklich angenehm, dass sie sich diesmal auf dem Weg nach Tuzanor nicht verstecken musste. So konnte sie den Flug in vollen Zügen genießen. Und zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich vollkommen frei.


Fortsetzung: Kapitel 36


Jennifer Fausek
17.09.2002
Website von Jennifer Fausek

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