"Neue Wege" ("Prophezeiung" - Teil 3)
"Was machst du da?"
"Ich lese."
"Ach."
Sie schob einen Stapel von Zetteln zur Seite und setzte sich auf den Schreibtisch.
"Ist es interessant?"
Er atmete kurz durch, dann legte er das Script zur Seite, dass er gerade in der Hand hatte.
"Es handelt von einem sehr jungen begabten Menschen."
"Sieht er gut aus?"
Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Er musste auch lächeln. Ihre frische Art lenkte ihn immer wieder von der Arbeit ab.
"Hast du nichts anderes im Kopf?"
Sie verzog kurz das Gesicht als würde sie nachdenken.
"Doch, ich denke an das schöne Wetter. Und an die Tatsache, dass du hier sitzt und Texte über irgendwelche Menschen ließt. Hat er denn wenigstens einen besonderen Status auf dem Mars oder auf Io?"
"Er kommt von der Erde."
"Erde, Erde? Ich dachte die wäre seit 500 Jahren zerstört."
"Nein, sie ist nur etwas zurückgeworfen worden. Es gibt keine Raumfahrt dort."
"Hm, und warum interessierst du dich dann für ihn? Oh."
Sie guckte ihm über die Schulter und sah das Foto.
"Sieht nett aus."
"Er scheint auch nett zu sein. Die Ranger halten große Stücke auf ihn, darum wird er auch in ihre Ausbildung gehen."
"Schön."
Sie sagte das, aber es schien sie nicht wirklich zu interessieren.
"Kommst du jetzt mit raus in die Sonne?"
"Ich muss noch arbeiten."
"Lass deinen Vater ruhig arbeiten, er muss der Republik dienen."
Dort stand sie in der Tür. Seine 2. Frau Lona. Er hatte 4, aber wenn er wirklich drüber nachdachte war Lona die einzige, die er wirklich liebte, und das nicht nur weil sie seine einzige Tochter geboren hatte.
"Komm Malina, ich werde mit dir rausgehen."
"Ach Mutter, ich wollte ihn ein bisschen ablenken. Ich werde alleine in die Stadt gehen."
"Du weißt, dass du nicht alleine in die Stadt gehen kannst. Ich werde 2 Wachen bescheid sagen. Centauri Prime kann ein sehr gefährliches Pflaster sein."
"Ja, das meine ich ja mit alleine."
Ihr ganzes Leben war sie nie alleine gewesen. Immer waren irgendwo Wachen da gewesen. Manchmal wünschte sie sich einfach ganz normale Eltern und ein ganz normales Leben.
Und er hatte immer gedacht ihm wäre ein ganz normales Leben vorausbestimmt und nun das. Nun stand er auf dem Ranger Schiff und starte aus dem Fenster auf den Planeten der wie ein Ball unter ihnen lag. Er traute seinen Auge nicht. Sollte das die Erde sein? Die Erde, auf der er so lange gelebt hatte?
Er hatte mit Bruder Ben das Kloster verlassen. Zu dieser Zeit hatte er noch gedacht, er käme in ein anderes Kloster. Auf dem Weg hatte Ben ihn versucht vorzubereiten, aber Michael hatte ihn für verrückt erklärt bis dann plötzlich ein Unbekannter in Ranger-Uniform vor ihnen stand und sie begrüßte. Ben hatte ihn als Martin vorgestellt und sie hatten keine Zeit verloren. Martins Transportschiff war direkt in der Nähe gewesen. Er hatte sich kurz von Ben verabschiedet, der dort bleiben würde um die Arbeit von Alwyn fortzuführen.
"Michael? Michael?"
Der Ranger mittleren Alters ging einen Schritt auf ihn zu. Mit seiner Hand klappte er das Kinn von Michael hoch damit der Mund wieder geschlossen war.
"Hörst du mir überhaupt zu?"
Michael schüttelte mehrmals den Kopf. Wie ein Hund der versucht, sein nasses Fell zu trocknen, versuchte er nun diesen vermeindlichenTraum abzuschütteln. Auch wenn dies gar nicht sein Wunsch war. Er hatte schon immer auf so einem Schiff sein wollen, es war so überwältigend, dass er einfach nicht glauben konnte, dass es wahr war.
"Oh, tut mir leid Martin. Es ist nur so.."
Er fand einfach keine Worte für dieses Gefühl.
"Ja, ich weiß was du meinst. Ich glaube ich bringe dich erst mal zu deinem Quartier. Dort kannst du dich ausruhen. Alles weiter erfährst du dann morgen."
"Ja gut."
Immer noch wie in einem Traum ließ er sich von Martin zu seinem Quartier führen.
"Woher wissen sie eigentlich so genau, dass er es ist?"
Danell saß in seinem Kommandoraum auf dem Flagschiff der Minbari Flotte.
"Der genetische Test war eindeutig." Fahn sagte dies ohne mit der Wimper zu zucken in seiner typisch sachlichen Art.
"Eine Prophezeiung die per Gentest nachgewiesen werden kann? In was für einer Zeit leben wir eigentlich?"
"Schon vor über 1000 Jahren wurde Valen durch einen ähnlichen Test..."
"Ja, ja schon gut." Unterbrach er ihn energisch und etwas gereizt. "Könnte es ein, dass dabei ein Fehler auftritt? Dass der Junge also gar nicht derjenige ist für den ihn alle halten?"
"Das ist äußerst unwahrscheinlich."
Danell wurde nachdenklich: "Vermutlich macht es noch nicht einmal einen Unterschied jetzt wo er seinen Status hat."
"Nun ist es eigentlich auch egal, ob er derjenige ist nachdem gesucht wird. Er ist nun bei den Rangern, und wenn er sich dort einigermaßen gut hält wird er seinen Weg machen."
"Es wird unserer Macht nicht gut tun."
"Es wird aber auch der Macht von Danell nicht gut tun."
T´No nickte nur kurz mit dem Kopf.
"Vielleicht können wir den Jungen für unsere Zwecke nutzen, aber dafür müssen wir uns noch ein bisschen gedulden."
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Seine Zeit würde kommen. Soviel stand fest. Es war endlich Zeit für die Narn ihren Platz im Universum zu bekommen und mit diesem Jungen würde es vielleicht gelingen.
Mit diesem Jungen würde es vielleicht gelingen die Allianz wieder zu festigen. Dieser Gedanke kreiste ihm immer wieder im Kopf herum. Aber er müsste ihn gut ausbilden lassen. Alwyn hatte ihn gewarnt. Der Junge war noch sehr jung. In seinem Alter konnte man noch gut Fehler machen. Nicht das dies später nicht mehr möglich war, aber eine längere Ausbildung würde es vielleicht verhindern können. Ach! Er schüttelte den Kopf. Er redete schon so als ob es wahrscheinlich wäre, dass dies passiere. Wichtig war, dass er erst mal nichts davon erfuhr wer er war und was ihm vorbestimmt sein sollte. Er sollte bei Martin eine gute Ausbildung genießen und dann später... aber nein, darüber wollte er jetzt noch nicht nachdenken. Ein Schritt nach dem anderen, so ging es immer am besten.
Noch einmal studierte George den Test, der kurz nach Michaels Geburt gemacht worden war, und verglich ihn mit dem alten Text. Es war alte Minbari Schrift, auf grünem Papier. Warum es grün war wusste er nicht, aber dieser Text war schon als "der grüne Text" unter den Rangers bekannt gewesen, weit vor seiner Geburt. Obwohl er Minbari fließend sprechen konnte hatte die Sprache sich in den letzten 1000 Jahren doch sehr stark verändert, aber es bestand kein Zweifel, dieser Junge war der von dem dort geschrieben wurde. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und dachte nach. Nun wurde ihm wieder mal bewusst, wie wichtig seine Aufgabe war, vorausgesetzt natürlich an dieser Prophezeiung war etwas dran. Ihm war klar, er würde in die Geschichte eingehen, entweder als der, der dafür gesorgt hatte, die Prophezeiung in die richtigen Bahnen zu lenken, oder als derjenige, der es vergeigt und dafür gesorgt hatte... nein, er wollte sich lieber nicht ausmalen, was passieren würde wenn er scheiterte, er durfte nicht scheitern.
Michael lag in seinem Bett. Sein ganzer Körper tat weh. Dieses Kampftraining war wirklich mörderisch. Sollte das jetzt wirklich sein ganzes Leben so gehen? Er drehte sich auf die andere Seite. wobei, er quälte sich auf die andere Seite vermutlich treffender gewesen wäre. Aber es machte Spaß. Er lernte eine Menge, viel Fitness, aber vor allem der Geist wurde gut trainiert, sowohl beim Kampftraining als auch im normalen Unterricht. Ja, manchmal kam er sich fast vor wie in einer Schule. Besonderes Augenmerk wurde auf die Geschichte der Rangers gelegt. Er hatte gelernt, dass die Legenden, von denen er so lange gehört und an die er nie wirklich geglaubt hatte (Gott möge ihm verzeihen) tatsächlich wahr waren. Die größten Probleme bereiteten ihm die Lektionen in Minbari. Diese Sprache war grammatikalisch so kompliziert, und an die Aussprache wagte er sich schon gar nicht heran. Außerdem lernte er noch Narn und Centauri. Wobei ersteres relativ einfach war. Bei Centauri gab es schon mehr Probleme, aber es war immer noch ein Spaziergang im Vergleich zu Minbari.
Es war wahrlich nicht einfach ein Ranger zu werden. Vor lauter lernen und trainieren hatte er kaum noch Zeit und Energie für irgend etwas anderes. Aber darüber wollte und konnte er jetzt nicht mehr nachdenken. Er drehte sich um und fiel in einen tiefen festen Schlaf.
900 Jahre zuvor:
Die Übertragung wurde beendet. Sie stand in ihrem Zimmer. Was sollte sie nun davon halten? Eine Nachricht aus einer anderen Zeit? War dies etwa ein Streich? Aber warum sollte sich jemand solch einen Mühe machen, nur für einen Scherz, einen überaus schlechten zudem noch. Außerdem war dieses Gesicht unverkennbar. Es war ihr alter Lehrers, und der Überbringer des Datenkristalls kam ihr doch auch sehr bekannt vor. Sie setzte sich hin. Ihre Hand zitterte ein wenig, das wurde immer stärker mit der Zeit. Der Körper verließ sie langsam, aber im Geist war sie immer noch klar. Klar genug um diesen Text auf dieses Papier zu bringen. Man hatte ihr gesagt, dass dieses grüne Papier extrem lange halten würde, sie hoffte das es so wäre, dieser Brief sollte viele Generationen überdauern.
Fortsetzung: "Die Prüfung"
Nils von Delft
17.09.2002
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