"Die Prüfung" ("Prophezeiung" - Teil 4)
Das war nun also Minbar. Er hatte schon viel über diesen Planeten gelesen, aber der Anblick (auch dies hatte er gelesen) übertraf jede Beschreibung. Diese Kristalle, das Licht, es war einfach atemberaubend. Mehr noch, es ging eine fast schon beängstigende Ruhe von diesem Ort aus. Eine Ruhe die er so noch nicht gespürt hatte. Dies war wahrscheinlich ein Grund gewesen, warum sie nur mit 6 Mann den Planeten betreten sollten. Normalerweise waren sie mit mehreren unterwegs, die anderen waren mit dem Schiff weiter geflogen. Martin wollte hier auf Minbar, der Geburtstätte der Ranger, mit ihnen trainieren und sie auf ihre Prüfung vorbereiten. Ja, es war tatsächlich schon soweit.10 Jahre war er nun schon bei den Rangers und er hatte gelernt mit ihrer Art umzugehen. Er hatte sich an das Leben gewöhnt. Das Leben auf der Reise zwischen den Sternen, das ständige lernen, aber er war glücklich. Wenn er an sein altes Leben auf der Erde zurückdachte konnte er gar nicht fassen, dass er das wirklich gewesen war. Es war so weit weg, es kam ihm vor, als sei es ein anderer Mensch, an den er dachte.
Doch da riss ihn Martins Stimme aus seinen Tagträumen: "Komm Michael. Ich bringe euch zu euren Quartieren. Wir werden morgen früh mit dem Training beginnen. Morgen Nachmittag sollt ihr Entil'za George treffen."
"Er ist nun hier auf Minbar."
"Gut. Beobachtet ihn. Ich will seine Schwächen kennen."
"Sehr wohl Herr."
Er saß auf einer Bank und sah sich den Sonnenaufgang an. Man erzählte sich, auf dieser Bank hätten schon Delenn und Sheridan gesessen. Er wusste nicht ob es stimmte, aber er konnte es sich gut vorstellen. Alles hier auf Minbar war sehr alt, warum nicht auch diese Bank. Es war sehr früh, die anderen Ranger schliefen noch, aber aus irgendeinem Grund hatte es ihn schon aus dem Bett getrieben und er beschloss, sich einmal den berühmten Sonnenaufgang von Minbar anzusehen. Plötzlich setzte sich jemand neben ihn. Es war eine Frau, eine Minbari. Er hatte bei den Rangers schon einige Minbari gesehen, von daher kam sie ihm nicht so fremd vor. Es war schon interessant wie man sich an so etwas gewöhnt. Wäre plötzlich ein Narn oder ein Drazi neben ihm aufgetaucht hätte er sich wahrscheinlich zu Tode erschreckt. So freute er sich über die Gesellschaft und sagte zunächst nichts. Sie saßen eine ganze Weile stumm nebeneinander und bewunderten die Sonne, die sich über den Horizont erhob. Plötzlich sah er auf die Uhr und bemerkte, wie spät es schon war. Er schreckte auf und machte sich auf den Weg zurück zu ihren Quartieren. Zuletzt streifte sein Blick die Minbari, die nun schon eine ganze Zeit neben ihm gesessen hatte. Sie lächelte ihn an und er lächelte zurück.
"Nein, nein, nein. Wo bist du denn mit deinen Gedanken." Martin lief schon fast rot an vor Ärger. Sie standen in einer Übungshalle, es waren nicht viele Personen dort, aber ein paar Minbari hatten sich dort hinverirrt um den angehenden Rangers beim Training zuzusehen.
Michaels Blick ging stumm geradeaus. Er wusste auch nicht was los war.
"Du musst den Stab erst hochnehmen. Sollen wir vielleicht nochmal ganz von vorne anfangen?"
Michael reagierte nicht, er stand wie angewurzelt da. Es war eines der letzten Kampftrainigs, aber er wusste nicht was heute mit ihm los war.
"Michael?"
"Ja." Er blickte starr geradeaus.
Man sah wie Martins Wut in Sarkasmus umschlug, es war der Moment kurz bevor er platzte, diese Art seine Wut zu drosseln hatte er bei den Rangers schon vor langer Zeit gelernt. Andere versuchten sich zu beruhigen indem sie bis 10 zählten oder Ähnliches, er tat es auf diese Weise. Er nahm Michael den Kampfstab ab.
"Also Michael: Dies hier ist ein Stab ja? Siehst du, sieht aus wie ein Stock."
Er drehte den Stab in seiner Hand und sprach weiter, ganz langsam.
"Ein Stab, damit kannst du kämpfen weißt du? Kämpfen ist das, was du hier lernen sollst. Aber eigentlich ist es nicht wichtig, du solltest in 3 Tagen deine Prüfung haben, aber es ist kein Problem, dann warten wir halt noch 20 Jahre, wenn du noch nicht verstanden hast was du damit machen sollst."
Michael erwachte aus seiner Starre und schüttelte sich kurz. Energisch nahm er Martin den Stab wieder aus der Hand, und gab ein Lächeln von sich, was zeigte, dass er verstanden hatte.
"Da wir das wohl alle nicht wollen schlage ich vor, dass du jetzt deine Gedanken sammelst und mir endlich zeigst was ein Ranger draufhaben sollte." Seine Stimme hob sich wieder, es war schon fast Militärton. "Haben wir uns verstanden?"
"Ja." gab Michael kleinlaut von sich.
Er wusste auch nicht was los war. Vielleicht war es die bald anstehende Prüfung, die ihm im Kopf herumschwirrte, auf jeden Fall konnte er sich nicht konzentrieren.
In der gleichen Zeit unterhielten sich 2 der schaulustigen Minbari nur ein paar Meter von ihm entfernt.
"Sie sagen er soll es sein."
"Was, dieser Mensch?"
"Ja, diese Prophezeiung du weißt schon."
"Aha, und er meint wohl, er wäre etwas besseres? Das wird er noch zu spüren bekommen."
Beide lachten hämisch.
"Wie konnte das passieren?"
Michael ärgerte sich immer noch. Wenn es ihm bei der Prüfung so ging, würde er seine Ranger Karriere direkt an den Nagel hängen können. Diese Gedanken gingen ihm durch den Kopf als er alleine durch die Straßen schlenderte. Die anderen Ranger waren schon zu ihrem Lager gegangen, aber nach diesem Tag brauchte er ein bisschen Frischluft. Er dachte an Alwyn, an die Zeit im Kloster. Es war so lange her, aber von Zeit zu Zeit kam dieser Gedanke immer wieder. Warum hatte er ihm nicht helfen können? Er hatte damals versagt, und das hatte er auch heute getan. Es war zwar nur im Training gewesen, aber vielleicht war es so, dass er immer wenn es entscheidend wurde Mist baute. Wie sollte er bloß mit diesem Gedanken in seinem Kopf leben?
Plötzlich tauchte ein Minbari vor ihm auf.
"Hallo Michael."
"Woher kennst du mich?" Irgendwie war ihm die Situation unheimlich. Plötzlich kam eine Stimme von hinten.
"Du weißt genau woher wird dich kennen."
Ein anderer Minbari stand direkt hinter ihm, beide kamen auf ihn zu.
"Ich habe keine Ahnung wovon ihr redet."
"Jetzt tu nicht so. Alle reden über die Prophezeiung, du willst uns doch nicht erzählen, dass du nichts davon weißt."
Der eine Minbari stand nun direkt vor ihm. Michael nahm seinen Kampfstab, fuhr ihn aber noch nicht aus.
"Das würde ich nicht tun."
Mit einem Schwung holte der Minbari vor ihm seinen Kampfstab aus seiner Tasche öffnete ihn und führe einen gezielten Schlag direkt an Michaels Hand vorbei gegen seinen Stab. Michael war so überrascht, dass er ihn nicht halten konnte. Mit einem lauten klimpern fiel er zu Boden. Aus den Augenwinkeln konnte Michael erkennen, wie der Minbari hinter ihm, den Stab mit einem Fußtritt die Straße hinunter beförderte. Er hörte nur stumm das Klimpern. Es waren vermutlich nur eine Sekunde, aber es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, er war wie gelähmt. Was wollten diese Kerle? Und wovon sprachen sie? Was für eine Prophezeiung? Die Gedanken schossen wie Pfeile durch seinen Kopf.
"So, was willst du nun tun?"
Der Krieger vor ihm gab ihm einen Stoß gegen seine Brust. Michael taumelte zurück wurde aber von seinem anderen Widersacher unsanft abgebremst.
"Was wollt ihr von mir?"
"Wir wollen dir deine menschliche Arroganz austreiben."
"Ja." bestätigte der Minbari hinter ihm. "Wir wollen dir zeigen, was wir von euch Menschen halten."
In diesem Moment sah Michael Sterne obwohl es erst später Nachmittag war. Der Krieger vor ihm hatte ihm einen gezielten Schlag in die Magengegend verpasst. Michael krümmte sich und wollte Kraft für einen Rückschlag sammeln. Aber da hört er ein Geräusch hinter sich, es war das Geräusch eines Kampfstabes. Ein Gedanke durchschoss Michaels Gehirn. Er hoffe, dass er sich täuschte, aber da wurde seine Befürchtung schon bestätigt. Von hinten bekam er einen, ebenfalls sehr genau gesetzten Schlag in die Rippen und er ging zu Boden. Aber er rappelte sich wieder auf und wollte dem Kämpfer vor ihm einen Schlag ins Gesicht verpassen. Aber dieser war schneller. Er bückte sich und schlug mit voller Kraft gegen seine Beine. Michael sank endgültig zu Boden, er merkte noch einige Schläge aber der Schmerz betäubte ihn schon so stark, dass es ihm so weit weg erschien, wie in einem Traum. Es kam ihm vor als sei er an der Situation völlig unbeteiligt, als sei er außerhalb seines Körpers um diese Situation zu beobachten. Doch dann hörten die Schläge auf. Er lag nun in der Seitengasse und konnte sich nicht mehr bewegen. Alles drehte sich und schmerzte, er wusste auch nicht, ob er noch bei Bewusst sein war oder träumte, es musste irgend etwas dazwischen sein.
Mitten in dieser Litargie - er hatte keine Ahnung wie langer er da schon lag - tauchte plötzlich ein Gesicht auf. Es war ein Minbarigesicht. Ein weibliches Minbarigesicht. Er versuchte die Hand auszustrecken aber es gelange ihm nicht. Sie schien dennoch verstanden zu haben. Das letzte was er spürte war, wie sie seinen Kopf auf ihren Schoß legte und begann seine Wunden im Gesicht zu untersuchen. In diesem Moment wurde es schwarz. Michael hatte das Bewusstsein endgültig verloren.
"Wo bin ich?"
"Du bist im Krankenhaus."
"Oh."
Martin stand an seiner Liege, er sah betroffen aus. Michael war immer noch benommen, aber langsam kam die Erinnerung wieder. Der Anschlag, die 2 Minbari.
"Was ist passiert?"
"Da waren diese Männer, und sie haben mich mit ihren Stäben..."
Er wollte weiter sprechen, aber ihm fehlte noch die Kraft.
"Ruh dich erst mal aus. Wir werden morgen darüber sprechen."
Michael nickt nur. Doch als Martin gerade den Raum verlassen wollte ergriff er noch einmal kurz das Wort.
"Was ist die Prophezeiung?"
Martin erstarrte. Er war für einen Moment völlig regungslos und rang sichtlich nach Haltung. Doch schließlich gelang es ihm.
"Darüber werden wir noch sprechen, aber jetzt ruh dich erst mal aus."
"Wie konnte so etwas passieren?" Danell war wie immer leicht gereizt.
Fahn :" Ich weiß es nicht. Der Junge wird schließlich nicht bewacht.."
"Wir dürfen es nicht riskieren, ihn mit den Minbari zu entzweien. Finde die Schuldigen!"
"Aber wie soll ich das denn machen?"
"Hör dich um, sprich mit ein paar Leuten."
"Das habe ich bereits, aber es ist nichts herauszufinden. Der Bericht liegt...."
"Ach, versuch es weiter und gib dir mehr Mühe, es muss etwas herauszufinden sein." Danells Ton war wie immer sehr barsch.
"Aber es bringt nichts, sie halten alle fest zusammen. Da ist nichts zu machen."
"Dann bist du ein schlechter Detektiv. Bezahl ein paar Leute und bring mir gefälligst die Informationen."
Wenn die Augen des Anführers der Kriegerkaste hätten glühen können, an dieser Stelle hätten sie es getan.
"Jawohl Herr."
Mit einer leichten Verbeugung verließ Fahn das Büro, normalerweise konnte er immer ruhig über die Vorgehensweise seines Herrn hinwegsehen. Aber nun ging es abermals gegen seine Kompetenz. Er hatte gründliche Nachforschungen angestellt, aber niemand wollte etwas sagen. Was sollte er noch tun? Danell forderte von ihm Unmögliches, wie sollte er mehr tun als möglich war?
"Er weiß von der Prophezeiung?"
Martin verlor keine Minute als er in das Büro des Entil'Zha stürmte.
"Oh nein."
"Doch, ich weiß nicht wie er es erfahren hat, aber es wird sicherlich etwas mit dem Anschlag zu tun haben."
"Du darfst ihm nichts sagen."
George sah beunruhigt aus. Er hatte sich gut gehalten für sein fortgeschrittenes Alter. Seit Michael zu den Rangers gekommen war waren immerhin schon 10 Jahre vergangen, aber er war kaum um einen Tag gealtert, äußerlich. Was allerdings auch Martin nicht wusste war, dass es dem Obersten der Ranger gesundheitlich immer schlechter ging. Natürlich wusste er nicht, wie lange er noch zu leben hatte. Es konnten ohne Probleme noch weitere 10 Jahre sein, aber seine Reserven schwanden.
"Was soll ich ihm denn sagen."
"Sag ihm er wird es erfahren, wenn es soweit ist."
"Das wird ihn nicht zufrieden stellen."
"Wir müssen es versuchen."
"Er wird Nachforschungen anstellen."
"Das würde ich auch von einem guten Ranger erwarten. Aber wir haben keine Wahl, er ist noch nicht bereit für die Wahrheit." George wurde nachdenklich, den letzten Satz sprach er fast zu sich selbst :" Ich bin mir nicht sicher, ob man für eine solche Nachricht jemals bereit sein kann. Aber für ihn ist es eindeutig noch zu früh."
"Gut, ich werde tun was Ranger One befiehlt."
"Versuch ihn wieder fit zu kriegen für die Prüfung. Wir werden sie um 3 Wochen verschieben. Wird das reichen?"
"Ich werde es versuchen."
"Gut." George lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Die ganze Situation gefiel ihm nicht. Aber er konnte nichts machen. Er würde versuchen die Schuldigen finden zu lassen, aber das war auf Minbar fast unmöglich. Angeblich gab es hier keine Kriminellen, wie sollte man sie also finden? Noch dazu schienen es erfahrene Kämpfer zu sein und sie wussten von der Prophezeiung. Man konnte also davon ausgehen, dass sie auch das entsprechende Ansehen, zumindest in der Kriegerkaste, genossen. Er macht sich keine Illusionen, er würde sie nicht finden. Ein viel größeres Problem war, dass Michael nun von der Prophezeiung gehört hatte und er wusste nicht, wie er deren Bedeutung weiter vor ihm geheim halten sollte.
Wie konnten sie so etwas mit ihm machen? Einfach so, das ging nicht. Er feuerte mit seinem Kampfstab einen kräftigen Schlag auf seinen Kontrahenten. Und noch einen. Sie konnten so etwas nicht mit ihm machen. Seine Kombinationen wurden immer schneller. Man merke wie sein Gegenüber immer mehr in Unsicherheit geriet. Aber über Bill seinen Rangerkollegen dachte er schon nicht mehr nach. Er dachte nur an die beiden Minbari. An die Schmerzen und an die Ungerechtigkeit. Aber er würde es ihnen heimzahlen. Er schlug noch weiter auf Bill ein, dieser konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Bei jedem Schlag gab Michael einen leisen Schrei von sich. Es hätte eigentlich nur eine kleine Kampfübung werden sollen. Michael hatte sich wieder erholt, zumindest körperlich. Aber im Geist steckte es immer noch. Diese Ungerechtigkeit. Er hatte immer gedacht Minbari seien, wenn man das so sagen konnte, die besseren Menschen, aber sie hatten ihn eines anderen belehrt. Und er wollte Rache, er wollte es ihnen heimzahlen.
"Stop Michael. Stop!!"
Er hörte die Stimme seines Lehrers ganz weit weg. Bill lag inzwischen auf dem Boden und hatte seine Deckung aufgegeben. Völlig außer Atem stand Michael über ihm. Martin kam heran und legte ihm die Hand auf die Schulter.
"Das reicht, du hast gewonnen. Du bist ein guter Kämpfer geworden. Doch nun ruh dich aus, morgen ist ein wichtiger Tag für dich."
Während Michael allein zurück zu den Quartieren ging, kreisten seine Gedanken weiter. Morgen war endlich der große Tag. Er würde hoffentlich endlich Ranger werden. Dann könnte er seine Arbeit beginnen, die Erde wieder aufzubauen und vielleicht wieder zurück zu verwandeln in eine zivilisierte Welt. Hier auf Minbar hatte er immer das Gefühl nicht vollkommen beachtet zu werden. Es war ihm nicht wirklich bewusst gewesen, aber dieses Ereignis hatte es ihm klar gemacht. Diese Minbari hielten sich für etwas besseres. Er würde ihnen zeigen, dass dem nicht so war. Aber zum Glück waren nicht alle Minbari so. Er dachte an sie. Leider wusste er nach wie vor nicht, wer sie war und wo sie herkam. Er wussten nur, dass sie ihm vermutlich das Leben gerettet hatte. Im Krankenhaus hatte man ihm nur gesagt, sie hätten eine anonyme Nachricht erhalten. Aber er hatte ständig dieses Gesicht vor Augen. Es war dieselbe Frau, die auf der Bank neben ihm gesessen hatte, dessen war er sich sicher. Oder war das alles nur ein Traum aufgrund der Schmerzen gewesen, nur eine Halluzination, eine Fehlfunktion des Gehirns oder so etwas? Er wusste es nicht, auf jeden Fall hatte er jeden Morgen wieder auf der Bank gesessen und auf sie gewartet, aber sie war nicht aufgetaucht. Auch jetzt machte er wieder einen Umweg an dieser Bank vorbei, aber auch jetzt war sie nicht da. Er setzte sich dennoch hin und ruhte sich ein wenig aus. Er brauchte Kraft, immerhin stand ihm die wichtigste Prüfung seines bisherigen Lebens bevor.
Es verlief wie erhofft. In allen 20 Disziplinen, 10 körperlichen und 10 geistigen, konnte er überzeugen. Die Prüfung fand in einer großen Halle statt. Auf der Empore, so dass Michael es nicht sehen konnte, stand Ranger One und beobachtete mit Zufriedenheit wie dieser sich schlug. Da gesellte sich Martin in einer Pause kurz zu ihm.
"Es sieht gut aus." Das war das erste, was Martin sagte.
"Er scheint es zu schaffen."
"Ja, sogar mit einem hervorragenden Ergebnis."
"Gut, macht so weiter, ich möchte ihn gerne sprechen, wenn er bestanden hat."
Was für ein wunderbarer Moment: Er hatte seine Prüfung bestanden. Überraschend gut sogar. Die anderen beglückwünschten ihn zu seinem Erfolg und Michael war sichtlich zufrieden. Er stand in der Halle, um ihn herum die anderen Ranger die ihm die Hand gaben und mit Worten überhäuften. Plötzlich warf er einen Blick zum Eingangstor und da stand sie. Sie hatten Blickkontakt und sie lächelte. Er wollte zu ihr gehen, doch die Menge hielt ihn auf. Martin nahm ihn zu sich und flüsterte ihm in Ohr.
"George möchte dich gerne sehen."
Michael war überrascht dies zu hören.
"Ja, warte nur einen Moment."
Er wollte zu ihr, warf noch einen Blick zum Eingang, aber sie war weg. Er lief dort hin und schaute hinaus, aber es war weit und breit nichts von ihr zu sehen. Er sah sich auch noch in der Halle um, aber sie war nirgendwo.
"Was ist los?" fragte Martin der hinter ihm stand.
"Ach nichts, ist auch egal. Lass uns zu George gehen."
Ein Treffen mit dem Entil'Zha. Er war schon sichtlich nervös. Allerdings schweiften seine Gedanken immer wieder ab zu der Minbari: Wer war sie? Wo kam sie her? Und vor allem: Warum musste er ständig an sie denken?
"Hallo Michael." George saß in seinem Stuhl als der junge Ranger ihm vorgeführt wurde. Er sah nicht wirklich alt aus, aber er strahlte eine so große Weisheit aus, dass Michael zunächst gar nicht wusste, was er sagen sollte. Er verneigte sich leicht.
"Entil'Zha. Wir leben für den Einen, wir sterben für den Einen." Ein Lächeln ging über Georges Gesicht. Anscheinend hatte er das Richtige gesagt.
Es folgte ein allgemeines Gespräch in dem George Michael mitteilte, wie zufrieden er mit seiner Prüfung gewesen sei, und was es bedeute ein guter Ranger zu sein. Auch ging er kurz auf Alwyn ein, wobei Michael den Tränen nahe war, aber er schaffte es wohl, dies zu verbergen, oder George verbarg sehr gut, dass es ihm aufgefallen war. Martin stand die ganze Zeit hinter ihm und sagte nichts. Doch als es schließlich zur Verabschiedung ging stellt George ihm noch eine Frage: "So, ich hoffe nun, dass dir dies ausreicht um ein guter Ranger zu werden. Hast du noch eine letzte Frage?"
Michael nahm allen seinen Mut zusammen. Er konnte jetzt an höchster Stelle fragen, von Martin hatte er nie eine Antwort erhalten. Immer war er vertröstet worden, es sei noch nicht an der Zeit oder ähnliches.
"Was hat es mit der Prophezeiung auf sich?"
George lächelte nun nicht mehr, sein Gesicht wurde ernst. Er war aber nicht überrascht, es schien als hätte er mit dieser Frage gerechnet.
"Das ist eine der wenigen Fragen die ich dir nicht beantworten kann. Du wirst es erfahren, wenn es an der Zeit ist."
"Aber Entil'Zha, Ihr könnt mir doch das, was anscheinend so sehr mit mir zu tun hat, dass ich deswegen wohl fast mein Leben verloren hätte, nicht weiter vorenthalten.
Nun meldete sich wieder Martin hinter ihm.
"Michael, du hast das Wort von Ranger One zu akzeptieren. Wir leben für den Einen, wir sterben für den Einen. wie du selber gesagt hast. George hat ein Urteil getroffen, stelle es nicht in Frage."
Missmutig begriff Michael, was er durch seine Frage erreicht hatte. Er hatte erreicht, dass ihm kein Ranger mehr etwas über die Prophezeiung sagen musste. Alle die etwas wussten würden auch von Georges Entscheidung hören und sich immer wieder auf seine Weisheit beziehen. Er hatte einen Fehler damit gemacht, ihn direkt zu fragen. Er verbeugte sich leicht, verabschiedete sich und verließ mit Martin den Raum.
"Das muss gefeiert werden!"
"Was hast du vor Bill?"
"Komm, du bist heute Ranger geworden das müssen wir schon etwas begießen."
"Du weiß, dass wir Ranger nicht so viel trinken dürfen."
"Ach, es soll ja nicht viel sein, nur ein bisschen." Bill, der seine Prüfung bereits 3 Wochen vor Michael bestanden hatte ließ sich nicht von seiner Idee abbringen. Außerdem hatte er eh schon 4 andere Ranger überzeugt, dass es nötig war Michaels Erfolg zu feiern. Also gingen sie alle 6 in die Stadt und in das außerirdische Viertel. Naja, es wurde so genannt, eigentlich hätte es der Ausdruck Slums auch getroffen. In dem großen Krieg hatte sich beide Seiten mit einigen kleineren Völkern verbündet. Aus der Geschichte kannte er sie als Liga der Blockfreien Welten. Damals hatten beide Seiten versucht möglichst viele Völker auf ihre Seite zu ziehen. Die großen hatten es zum Glück verstanden sich heraus zu halten, aber ein paar Völker wie die Brakiri, die Pak´ma´ra oder die Tlemp hatten sich in den Krieg hineinziehen lassen. Als ihre Welten bedroht waren gab es eine Flut von Flüchtlingen sowohl auf Centauri Prime als auch auf Minbar, so hatte man hier extra für sie einen Stadtteil eingereichtet. Nach dem Krieg waren die meisten in ihre Heimat zurückgekehrt um Wiederaufbau zu leisten. Aber ein paar waren geblieben, aus verschiedensten Gründen, aber meistens lag es daran, dass ihnen des Geld für den Rückflug fehlte. Die Minbari waren auch nicht in der Lage gewesen ihnen ein besseres Leben zu geben, außerdem war die Kriegerkaste, die ja nun herrschte, gar nicht daran interessiert. Von Zeit zu Zeit halfen die Ranger hier und brachten Nahrung und ähnliches, was den Nebeneffekt hatte, dass sie relativ angesehen waren, auch in der verruchten Gegend in die sie Bill nun führte.
Es kam wie es kommen musste, Bill führte sie in eine Spelunke, die eigentlich alles andere als einladend aussah. Er bestellte die erste Runde, und da Ranger ja höflich sind, musste dies jeder machen. Es blieb also nicht bei dem von Bill angekündigtem "bisschen" für jeden. Irgendwann wesentlich später an diesem Abend, schwankte Michael von der Toilette auf seinen Platz zurück und ging dabei direkt an einem anderen Tisch vorbei. Er hörte eine Stimme zwar leise, aber dennoch vernehmlich sagen: "Hallo Michael, willst du wissen, was es mit der Prophezeiung auf sich hat?"
Er blieb wie angewurzelt stehen, er war zwar etwas angetrunken, aber in diesem Moment fühlte er sich stock- nüchtern. Er warf eine Blick zu den anderen Rangers, die eher weniger nüchtern aussahen und ausgelassen feierten. Er guckte nun in die Richtung aus der er die Stimme vernommen hatte. Dort saß nur eine vermummte Gestalt. Sie hatte eine weite - ja, es sah tatsächlich fast wie eine Robe aus - an, und die Kapuze so tief gezogen, dass man sein Gesicht nicht sehen konnte. Er sprach allerdings sehr sauberes Englisch.
"Wer sind sie?"
"Die Frage ist doch vielmehr wer du bist."
Er hatte ein Getränk, dass er mit beiden Händen hielt, so als würde er sich die Hände daran wärmen, er drehte es ein wenig in seinen Händen, als hätte er alle Zeit der Welt, nach ein paar Momenten schien seine Geduld allerdings schon wieder erschöpft..
"So, willst du nun von der Prophezeiung hören, oder nicht?"
"Ja natürlich."
"Dann setz dich."
Seine Stimme klang freundlich, aber dennoch bestimmt. Michael wusste selber nicht warum, aber er hatte den Eindruck, dass dieser Mann wirklich etwas wusste. Wahrscheinlich war es reines Wunschdenken, aber er konnte diese Chance nicht verpassen, also setzte er sich hin.
Er saß dem Mann nun gegenüber, aber das Licht fiel so, dass er das Gesicht immer noch nicht erkennen konnte. Er sah nur wie bei jedem Wort die Kapuze leicht bebte.
"Du Fragst dich sicherlich, was es mit der Prophezeiung auf sich hat. Als erstes muss ich dir sagen, dass es kein Zufall ist, dass du bei den Rangers gelandet bist. Es war ebenfalls kein Zufall, dass du damals in das Kloster gekommen bist. Hast du dich jemals gefragt, wie du ins Kloster kamst?"
"Meine Eltern haben mich dort ausgesetzt."
"Ja richtig, dass ist dir erzählt worden. In Wirklichkeit allerdings..."
Fortsetzung: "Machtkämpfe und Schicksalsschläge"
Nils von Delft
17.09.2002
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