Bild /pictures/zentral/seitenkopf/design1-left-above.jpg Bild /pictures/zentral/seitenkopf/design1-middle-above.jpg Bild /pictures/zentral/seitenkopf/design1-right-above.jpg
Goldkanal  >  Fandom  >  FanFiction Bild /pictures/zentral/seitenkopf/design1-middle-middle.jpg Bild /pictures/zentral/seitenkopf/design1-right-middle.jpg

Rhiannons Geschichte:
30. Kapitel

(von Jennifer Fausek)

Zwei volle minbarische Tage war Heilerin Rakall fast ständig an Rhiannons Bett, ließ sich nur ablösen, wenn sie sich ausruhte oder aß.
Ria schlief die meiste Zeit über und murmelte im Traum Dinge in verschiedenen Sprachen, die Rakall nur teilweise verstand. Aber eigentlich wollte die Heilerin gar nicht so genau wissen, was Rhiannon da träumte, es schien furchtbar zu sein. Glücklicherweise war sie im Moment nicht kräftig genug, um richtig um sich zu schlagen. Das hätte ein Problem werden können.
Rakall war ein wenig besorgt, dass Ria in den wachen Phasen offenbar nichts und niemanden erkannte und ihr Fieber trotz der starken Medikamente kaum zurückgegangen war.
Dann, in der dritten Nacht begann sich Rhiannon plötzlich unruhig zu bewegen. Rakall entfernte ihr rasch den Tropf und die Infusionen mit den Medikamenten, damit sie sich im Schlaf nicht verletzen konnte.
Gegen morgen fing Ria an, immer wieder die Decke wegzustoßen, weil ihr sichtlich heiß war und sie begann plötzlich enorm zu schwitzen. Jetzt war sie sogar noch unruhiger als die Nächte zuvor, und sie redete wieder in diesem bizarren Sprachenwirrwarr. Sie wechselte die Sprache mitunter sogar zweimal im Satz.
Rakall wurde langsam nervös. Rhiannons Werte waren zwar halbwegs stabil, aber das Fieber war immer noch bedrohlich hoch. Die minbarische Ärztin wusste einfach nicht, was sie sonst noch tun konnte, um den Heilungsprozess zu unterstützen.
Als Ria am frühen Morgen erwachte, war ihr unerträglich heiß, und sie schwitzte furchtbar. Ein erleichtertes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Es bedeutete, dass das Fieber sank. Tatsächlich fühlte sie sich schon wieder kräftig genug, um sich aufzusetzen.
"Wie fühlst du dich?" fragte Rakall und sprang von ihrem Sessel auf.
Rhiannon antwortete in ihrer Muttersprache. Als Rakall sie nur verständnislos ansah, sagte sie: "Das war Erdstandard für: 'Ich habe Hunger.'."
Die Heilerin atmete auf und lächelte. "Du bekommst gleich etwas zu essen." Sie schloss die Infusion mit den Medikamenten an und untersuchte Ria.
"Deine Augen glänzen zwar noch fiebrig, aber ich denke, es geht dir besser", verkündete Rakall schließlich. "Ich schätze, du hast das Schlimmste überstanden. Das Fieber sinkt."
"Ich weiß", antwortete Rhiannon. "Mir ist auch ganz schön warm."
Rakall schaltete das Überwachungsgerät ab und entfernte die Schläuche. "Ich denke, das brauchst du jetzt nicht mehr", meinte sie. "Nur die Infusion muss jetzt noch durchrinnen." Ria nickte nur, froh, dass sie dieses entsetzliche alles durchdringende Piepsen nicht mehr hören musste, und die Heilerin fuhr fort: "Sie wäre ja längst fertig gewesen, aber du hast dich zu fest bewegt in der Nacht, deshalb habe ich sie weggetan. Du hast auch viel geredet, die letzten Tage, als du so krank warst."
Rhiannon runzelte leicht die Stirn. "Habe ich das?"
Rakall bejahte. "Sogar in vier verschiedenen Sprachen, soweit ich weiß. Ich habe das meiste von dem, was du gesagt hast aber nicht verstanden. Du musst schwer geträumt haben."
Ria dachte nach. "Ich kann mich nicht erinnern."
Die Heilerin machte eine gleichgültige Geste. "Ich werde dir jetzt etwas zum Frühstück besorgen. Und wenn du gegessen hast, wirst du in ein normales Krankenzimmer verlegt."
"Ich danke dir."

Mit insgesamt nur etwa hundert Betten war die Krankenstation der Anla'shok weitaus kleiner als die Klinik im Ersten Tempel von Yedor, in der es ungefähr sechshundert Betten gab.
Trotzdem war das Krankenrevier der Anla'shok gut eingerichtet. Es gab drei Operationssäle, eine Notfallambulanz, eine Intensivstation und sogar eine Isolierstation für ansteckende Fälle.
So konnten die Anla'shok ihre Kranken und Verletzten zum größten Teil selbst behandeln. Nur bei besonders schweren oder ungewöhnlichen Fällen brauchten sie Hilfe von Außen, denn die meisten Heiler und Heilerinnen, die zum medizinischen Personal im Lager gehörten, waren keine Spezialisten, sondern in allgemeiner Medizin oder für Notfälle ausgebildet.
Rhiannon wurde in ein kleines Einzelzimmer verlegt, das sogar noch etwas kärger wirkte, als die Krankenzimmer in Yedor, weil es außer einem Bett, einem kleinen Nachtkästchen, einem Kleiderschrank und einem niederen Tisch überhaupt nichts gab.
Das Zimmer war nicht geschmückt, weder mit Blumen noch mit sonstigen Kleinigkeiten, wodurch alles sehr zweckmäßig wirkte.
Nachdem sie ausgiebig gefrühstückt hatte, fühlte sich Rhiannon schon wieder fast so gut, dass sie aufstehen wollte, weil sie sich zu langweilen begann.
Aber Rakall erlaubte es nicht, sie wollte, dass Ria wenigstens noch bis zum Abend mit aufstehen wartete. Also musste sich Rhiannon damit begnügen, ein wenig zu lesen und in die Luft zu starren.
Am Nachmittag bekam sie Besuch von Shakara - den ersten Besuch überhaupt - zumindest eine kleine Abwechslung, die ihr sehr willkommen war.
"Wie geht es dir heute?" fragte die Kriegerin und setzte sich auf den Tisch.
"Besser", antwortete Rhiannon und zögerte kurz. "Danke, dass du mir das Leben gerettet hast."
"Glaube nur nicht, dass ich das umsonst getan habe", sagte Shakara kühl. "Nach altem Brauch der Kriegerkaste schuldest du mir dein Leben, und zwar, bis du mir im Gegenzug das Leben rettest, eine von uns beiden stirbt oder ich dir - was nie passieren wird, das kann ich dir versichern - die Schuld erlasse. Und weder Zeit noch Raum kann dieses Band zerstören, nicht einmal Verrat."
Ria kannte diesen Brauch. Die Lebensschuld wurde zwar nur noch äußerst selten eingefordert, aber sie hatte immer noch ihre Gültigkeit.
"Ich erkenne die Schuld an", entgegnete Rhiannon.
Shakara nickte nur. "Übrigens: wenn du wirklich hier bleiben willst, werde ich gerne dein 'Leitwolf' sein."
",Leitwolf'?" fragte Rhiannon verwirrt.
"Jeder neue Rekrut bekommt jemanden zur Seite gestellt, der ihm oder ihr während der Ausbildung zur Seite steht, eben ein sogenannter 'Leitwolf'"
"Ach so." Rhiannon sah sie nachdenklich an. "Heißt das, ich darf bleiben wenn ich will?"
"So wurde es beschlossen", brummte Shakara. "Ob das so klug ist, weiß ich nicht."
"Warum willst du dann mein Leitwolf sein?"
"Das war nicht meine Idee", erwiderte die Kriegerin. "Es war nur sonst keiner bereit, dir als Rekrutin zu helfen. Ich sage dir schon jetzt, du wirst dich sehr anstrengen müssen, um dir die Anerkennung und den Respekt der Anla'shok zu verdienen. Sie werden dir ganz bestimmt nichts schenken."
"Danke für den Hinweis."
Shakara nickte und brummte. "Und merke dir eins gut: nur weil ich mich dir als 'Leitwolf' zur Verfügung stelle, heißt das noch lange nicht, dass wir auch Freunde werden. Ich habe bisher nicht sehr viel von Menschen gehalten. Während des Krieges habe ich viele meiner Verwandten und Freunde verloren. Ich respektiere zwar deinen Wunsch, eine Anla'shok zu werden, aber deswegen werde ich dich ganz sicher nicht zuvorkommend behandeln."
"Das verlange ich ja auch gar nicht", antwortete Rhiannon gelassen. "Aber kannst du mir einen Gefallen tun?"
"Worum geht es?"
"Ich brauche einige Sachen aus Yedor. Ich bin ja ziemlich... überstürzt aufgebrochen. Und ich würde gerne Zora, meine kleine Tochter wiedersehen. Würdest du für mich nach Yedor fliegen, und mir die Dinge besorgen, die ich brauche, und könntest du auch mein Kind hier her holen?"
"Ich werde mich darum kümmern", sagte Shakara. "Allerdings wird dein Kind während deiner Ausbildung nicht hier bleiben dürfen, das sage ich dir gleich."
"Das habe ich auch nicht erwartet", entgegnete Ria. "Ich möchte nur, dass sie mich besucht."
"Nun gut, ich werde sehen, was sich machen lässt."
"Danke."
Shakara lächelte spöttisch. "Also dann, du Göre. Wir werden uns wiedersehen, wenn deine Ausbildung beginnt, das heißt, falls du dich entscheidest, eine Anla'shok zu sein."
Damit ging sie, und Rhiannon sah ihr nachdenklich hinterher.

Gleich nach dem Abendessen kam Rakall zu Rhiannon. Die Heilerin brachte zwei Krücken mit, mit deren Hilfe Ria aufstehen und gehen sollte, solange ihr Knöchel noch nicht ausgeheilt war.
Rhiannon konnte es kaum erwarten, ihre Gehhilfen auszuprobieren, dann war sie endlich nicht mehr ans Bett gefesselt.
Rakall musste über den Eifer lachen. "Du musst vorsichtig sein", mahnte sie ihre Patientin. "Sonst fällst du noch."
Ria ließ sich langsam vom schrägen Bett rutschen, bis ihre Füße den Boden berührten. "Diesen Rat habe ich schon zu oft gehört", brummte sie ungeduldig.
"Also schön."
Rakall drückte ihr die Krücken in die Hand, und Rhiannon stand, auf sie gestützt, langsam auf. Sie grinste die Heilerin triumphierend an, als sie es geschafft hatte.
"Siehst du, war doch gar nicht so schwer."
"Abwarten", bemerkte Rakall trocken. "Der schwierige Teil kommt erst. Du musst jetzt versuchen zu laufen."
Sie trat einen Schritt zurück, um Rhiannon nicht zu behindern. Ria biss sich ratlos auf die Lippen. Sie hatte keine große Ahnung, wie sie mit den Gehhilfen laufen sollte, denn sie hatte keine Erfahrung damit.
Behutsam verlagerte Rhiannon dann ihr gesamtes Körpergewicht auf ihr rechtes, gesundes Bein und setzte die Krücken schnell ein Stück nach vorn. Als sie dann versuchte, den Fuß nachzuziehen stolperte sie und landete mit einem wütenden Aufschrei in Rakalls Armen.
"Ich habe dich gewarnt."
Ria knurrte einige nicht sehr feine Worte in ihrer Muttersprache und sagte dann auf minbari: "Los, ich will es noch mal versuchen."
"Also gut."
Rakall half ihr wieder in einen halbwegs sicheren Stand und ließ sie dann ganz langsam und vorsichtig los.
Mehr als eine halbe Stunde lang übte Rhiannon das Gehen mit den Krücken. Sie ließ sich auch von neuerlichen Stürzen nicht aufhalten. Unzählige Male lief sie von der Tür zum Fenster und wieder zurück und konnte dabei spüren, wie es von Mal zu Mal leichter ging.
"Schluss jetzt", befahl Rakall schließlich. "Ruh dich ein wenig aus."
Da Ria wusste, dass es keinen Zweck hatte, mit ihr zu streiten, gehorchte sie. Rhiannon ging zum Bett und ließ sich schwerfällig darauf plumpsen.
"Ich würde aber eigentlich gerne noch ein wenig üben", sagte sie dann vorsichtig.
Rakall gab ihr ein Glas Wasser. "Du kannst morgen wieder üben. Ich werde dafür sorgen, dass morgen früh jemand mit dir trainiert."
Rhiannon setzte das Glas ab und schluckte das Wasser in ihrem Mund rasch. "Jemand? Wieso nicht du?"
"Ich werde in einer Stunde nach Yedor zurückfliegen. Du bist jetzt über den Berg, und die Leute hier können dich ebenso gut versorgen wie ich." Rakall hob die Hände. "Keine Angst", kam sie Rias Protest zuvor. "Ich werde jeden Nachmittag zu dir kommen, um zu sehen, wie es dir geht und dir auch den Hartverband abnehmen, wenn dein Knöchel geheilt ist. Aber es wartet Arbeit auf mich in Yedor."
Rhiannon seufzte. "Das verstehe ich. Ich finde es trotzdem schade."
Die Heilerin lächelte. "Das finde ich auch, aber es lässt sich nun einmal nicht ändern."
Als sie allein war, fragte sich Ria nachdenklich, worauf genau sich Rakalls letzte Worte eigentlich bezogen hatten und konnte einfach keine richtige Antwort darauf finden.


Fortsetzung: Kapitel 31


Jennifer Fausek
17.09.2002
Website von Jennifer Fausek

Bild /pictures/zentral/seitenkopf/design1-right-below.jpg
FanFiction
Einzelgeschichten
Rhiannon-Romane
Zukunfts- & Alternativstories

Sitemap

Suchen
 

© 1998-2009 Goldkanal