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Rhiannons Geschichte (2. Band):
4. Kapitel

(von Jennifer Fausek)

Als William am nächsten Morgen erwachte, war es für seine Begriffe noch sehr früh. Er war schon immer ein Langschläfer gewesen.
Er war erstaunt, als er merkte, dass alle, selbst die kleine Zora, längst gefrühstückt hatten und ihren alltäglichen Beschäftigungen nachgingen. Er konnte nicht genau sagen wieso, aber es war ihm ein wenig peinlich, dass er erst so spät aufgestanden war.
"Warum hat mich niemand geweckt?" fragte er Nistel, der ihm beim Frühstück Gesellschaft leistete.
Der Minbari runzelte erstaunt die Stirn. "Erstens hat Rhiannon Nalae und Tonall gebeten, dich schlafen zu lassen, und zweitens bist du ganz allein dafür verantwortlich, wann du aufstehst."
Will nahm einen weiteren Bissen von seinem Brot und schluckte schnell. "Apropos Rhiannon: Wo ist sie überhaupt? Ich habe sie heute noch nicht gesehen."
"Sie ist mit ihrem Kind schon vor zwei Stunden weggeflogen, gleich nach dem Frühstück. Ich nehme an, sie hat zu arbeiten", entgegnete Nistel.
"Und da nimmt sie ihr Kind mit?" fragte William zweifelnd.
"Das ist hier so üblich... Aber das ist schwer zu erklären."
"Wie offenbar so vieles auf Minbar", murmelte Will. Lauter fuhr er fort: "Und wann wird sie zurückkommen?"
"Das weiß ich nicht", antwortete Nistel. "Sie kommt und geht wie es ihr passt. Schließlich ist sie eine erwachsene Frau und deshalb niemandem Rechenschaft schuldig, wann sie wohin geht. Aber da sie die Kleine dabei hat nehme ich an, dass sie bis spätestens heute abend zurückkommen wird."
"Na toll", murrte William. "Sie wollte doch mit mir in den Tempel gehen."
"Da lässt sich jetzt leider auch nichts machen." Nistel machte eine bedauernde Geste. "Daran wirst du dich gewöhnen müssen. Für Leute wie Ria gibt es immer viel zu tun." Er überlegte kurz. "Wenn Ria bis zum Nachmittag nicht da ist, kann ich dich ja begleiten, wenn du willst. Ich muss ohnehin zum Tempel."
"Ja, danke."
Kurz nach dem Mittagessen kam Ria endlich zurück. Sie hatte Zora an der Hand, die offenbar quietschvergnügt war.
"Hey, wo warst du?" fragte William mit leichtem Ärger in der Stimme.
Ria sah ihn perplex an. "Ich hatte zu arbeiten."
"Aha." Er fühlte sich nicht gerade sehr wohl in der Haut. Ihr Tonfall verriet ihm deutlich, dass sie die Sache nicht weiter vertiefen wollte. Unsicherheit machte sich in ihm breit. "Ich dachte, wir hätten eine Verabredung. Wir wollten doch heute morgen in den Tempel..."
Sie schloss für einen Moment die Augen. "Ja natürlich. Es tut mir Leid. Aber was ich zu erledigen hatte duldete keinen Aufschub. Wir können doch auch jetzt noch in den Tempel gehen."
"Na gut." Will zuckte die Achseln.
"Ich will auch mitkommen", rief Zora fröhlich.
"Nein, mein Schatz." Rhiannon nahm sie auf ihre Arme. "Heute nicht, ein andermal wieder. Du musst dich jetzt hinlegen."
"Will ich aber nicht."
"Wenn du jetzt ganz brav bist, erzähle ich dir heute abend zwei Geschichten statt einer." Damit waren die kurzen Geschichten gemeint, die zum Teil in Liedform geschrieben waren. Sie erfreuten sich bei minbarischen Kindern großer Beliebtheit. Ria kannte einige schon auswendig.
"Ich möchte aber jetzt eine Geschichte hören", krähte Zora vergnügt.
Rhiannon lächelte leicht gequält. "Na gut, aber dann schläfst du."
Das kleine Mädchen nickte strahlend. "Ja."
Ria warf William einen raschen entschuldigenden Blick zu, während sie Zora wieder auf den Boden stellte. Sie gingen nach oben.
Will seufzte resigniert und schüttelte den Kopf leicht. Kleine Kinder konnten wirklich eine Plage sein. Er war froh, dass er selbst keine hatte. Und wenn es nach ihm ging, würde er auch nie welche haben.

Rhiannon und William schlenderten durch den Tempelpark. Sie gingen am hübschen Teich in der Mitte der Grünanlage entlang.
"Die minbarische Gesellschaft ist in drei Kasten unterteilt", erklärte Ria in schulmeisterlichem Tonfall. Sie erinnerte sich an die Lektionen, die sie hier von Delenn erhalten hatte. Sie lächelte in Gedanken. "Die Glaubens- die Krieger- und die Arbeiterkaste. Jede der drei Kasten ist mit drei Mitgliedern im sogenannten Grauen Rat vertreten, der Minbar regiert."
"Dann gibt es den Grauen Rat tatsächlich?" William hatte zwar schon vom Rat gehört, aber er bisher immer gedacht, es sei nur ein Mythos.
Rhiannon nickte nur.
"Und? Bist du schon einmal einem Ratsmitglied begegnet?"
Ria lächelte dünn. "Die Satais - so werden die Mitglieder des Rates genannt - zeigen sich Außenweltlern gegenüber äußerst selten. Auch die Minbari selbst bekommen sie kaum einmal zu Gesicht, weil sie sich die meiste Zeit über auf einem schwer bewachten Raumschiff aufhalten, das Minbar umkreist. Und es gibt kaum jemanden, der die Namen aller neun Satais kennt."
William wurde bewusst, dass Rhiannon seine Frage nicht wirklich beantwortet hatte. Sie redete so geheimnisvoll und ausweichend wie eine Minbari.
"Gehörst du zu den wenigen, die alle Namen kennen?"
"Nein", entgegnete Rhiannon prompt. "Und selbst wenn ich sie kennen würde, dürfte ich sie dir nicht verraten." Sie machte eine Pause. "Der Graue Rat wurde vor tausend Jahren von Valen, Minbars bedeutendstem Oberhaupt und Philosoph gegründet. Seit dem haben Minbari nie Minbari getötet."
"Aha" William sah sie von der Seite an. "Dafür sind die Minbari aber ziemlich kriegerisch."
"Das lässt sich nicht leugnen."
Ria erinnerte sich an den Krieg gegen die Minbari. Bei Kriegsbeginn Ende 2242 war sie gerade sechs Jahre alt gewesen. Fast den gesamten Krieg hatte Rhiannon in den Flüchtlingslagern der Narn verbracht, nachdem sie erst über einen ganzen Monat auf der Flucht gewesen war. Dann war sie von Lager zu Lager geschickt worden.
Dabei war dieser schreckliche Krieg, der gut vier Jahre angedauert hatte und der auf beiden Seiten viele Opfer gefordert hatte aus einem dummen Missverständnis heraus entstanden.
Als zum ersten Mal Schiffe beider Völker aufeinander getroffen waren, hatten die Minbari zur Begrüßung ihrer Tradition entsprechend als Zeichen der Stärke und des Respekts die Torpedorohre ihres Raumkreuzers geöffnet. Sie hatten dabei nicht auf das Schiff von der Erde gezielt.
Die Menschen hatten dennoch geglaubt, sie würden angegriffen, hatten deshalb auf die Minbari gefeuert und dabei einige von ihnen getötet und waren dann in den Hyperraum geflogen.
Die Minbari hatten daraufhin einen erbarmungslosen Krieg begonnen, in dem sie die Menschen beinahe ausgelöscht hätten.
Doch anstatt die Erde in einem letzen vernichtenden Schlag schlussendlich zu zerstören, hatten sich die Minbari einfach ergeben und sich zurückgezogen. Dabei hatten sie die Erde praktisch schon erreicht gehabt. Und es hatte keinen Widerstand mehr gegeben.
Und auch nun, zehn Jahre später wussten die Menschen immer noch nicht, warum die Minbari den Krieg so plötzlich beendet hatten, obwohl sie die unumstrittenen Sieger gewesen waren.
Rhiannon kannte den Grund, aber sie hatte nicht vor, dieses Geheimnis mit William zu teilen, noch mit einem anderen Menschen oder Außenweltler.
"Welcher Kaste gehören die Mitglieder deiner Familie an?" fragte Will.
"Nistel, meine Pflegemutter Delenn und auch der Rest meines Clans gehören alle der religiösen Kaste an", antwortete Ria. "Angehörige der Glaubenskaste sind Geistliche, Gelehrte, Diplomaten oder sind in der Wissenschaft tätig", erklärte sie weiter. "Die Kriegerkaste ist wie der Name schon sagt für alles militärische und die Sicherheit verantwortlich. Und die Arbeiterkaste baut die Städte und auch sonst alles was wir brauchen. Sie sind außerdem Handelsleute und Bauersleute. Künstler und Künstlerinnen gibt es in jeder Kaste."
"Dann bestimmt also die Geburt in eine Kaste, welchen Beruf jemand hat?"
Rhiannon schüttelte den Kopf. "Nicht unbedingt. Zwar werden alle Minbari in eine Kaste hineingeboren, aber sie können die Kaste wechseln, wenn sie sich dazu berufen fühlen. Es ist also nicht ganz so eingeschränkt wie es sich im ersten Moment anhört."
"Gehörst du auch einer Kaste an?" fragte William.
"Nicht direkt", erwiderte Ria zögernd. "Aber wenn du so willst, betrachte mich als ein Mitglied der Kriegerkaste. Ich bin in gewisser Weise auch für die Sicherheit zuständig."
"Ein Mensch, der in der Kriegerkaste der Minbari dient. Wer hätte das gedacht." Er schüttelte halb lächelnd den Kopf und beugte sich dann zu Rhiannon, so dass sich ihre Gesichter fast berührten und sie nahe daran waren sich zu küssen. "Du bist eine erstaunliche Frau."
Sie versetzte ihm einen Stoß, der ihn zurückfallen ließ. "Und du ein sehr dreister Mann. Du verlierst keine Zeit, wenn dir eine Frau gefällt, oder?"
"Ich bin nicht dreist, nur direkt." Will setzte sich wieder auf und lächelte entschuldigend. "Es tut mir leid, ich wollte dich ganz sicher nicht verärgern."
"Das hast du nicht", versicherte Ria. "Ich nehme es dir nicht übel."
"Schön." William war erleichtert. "Aber ich hoffe doch, wir können wenigstens Freunde sein."
"Natürlich." Rhiannon zeigte ihr strahlendes Lächeln.
Es gefiel Will, und er wusste, er war auf dem besten Wege sich in sie zu verlieben.


Fortsetzung: Kapitel 5


Jennifer Fausek
30.10.2002
Website von Jennifer Fausek

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